Maya Moore: Der Basketballstar, der seine Karriere für den Kampf gegen Rassismus unterbricht (2024)

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Maya Moore: Der Basketballstar, der seine Karriere für den Kampf gegen Rassismus unterbricht (1)

23 Jahre hat Jonathan Irons im Gefängnis verbracht, mehr als die Hälfte seines Lebens - und das wohl zu Unrecht. Im Alter von 18 Jahren war Irons zu einer 50 Jahre langen Haftstrafe verurteilt worden, weil er in St. Louis einen Einbruch begangen und dabei den Hausbesitzer mit einer Schusswaffe schwer verletzt haben soll.

Nun hat ein Richter nach monatelanger Revision das Urteil für ungültig erklärt und damit Irons entlastet. Dass sein Fall überhaupt noch einmal untersucht wurde, hat Irons Maya Moore zu verdanken. Ohne sie wäre es wohl nie so weit gekommen. "Sie hat mein Leben gerettet", sagte Irons der "New York Times" nach der Urteilsverkündung im März.

Moore ist keine Juristin oder Sozialarbeitern. Sie spielt eigentlich professionell Basketball. Zwei College-Saisons für die University of Connecticut ohne Niederlage, vier WNBA-Titel, eine MVP-Trophäe, zwei olympische Goldmedaillen - Moore gehört zu den größten Stars, die der Basketball je hervorgebracht hat, ob weiblich oder männlich.

Maya Moore: Der Basketballstar, der seine Karriere für den Kampf gegen Rassismus unterbricht (2)

Im Februar 2019 verkündete Moore plötzlich, eine Auszeit vom Sport zu nehmen. Damals war sie 29 Jahre alt und befand sich auf ihrem athletischen Höhepunkt, ihr Team Minnesota Lynx hatte gute Titelchancen. Moore aber wollte anderes, als weitere Trophäen zu gewinnen. "Es gibt verschiedene Wege, Erfolg zu messen", schrieb sie auf der Website "The Players Tribune".

Moore wollte sich stärker ihrem christlichen Glauben widmen und mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen. Außerdem hatte sie nun mehr Gelegenheiten, sich für Jonathan Irons einzusetzen, mit dem sie bereits seit mehr als einem Jahrzehnt in Kontakt stand. Verwandte aus St. Louis hatten den Häftling Anfang des Jahrtausends bei ehrenamtlicher Sozialarbeit im Gefängnis kennengelernt und Moore bei einem Besuch vorgestellt.

Damals war Maya Moore 18 Jahre alt. So alt wie Irons, als er 1998 zu 50 Jahren Haft verurteilt wurde, für ein Verbrechen, das er ein Jahr zuvor begangen haben sollte. Moore glaubte an Irons' Unschuld und begann, sich unter anderem über die Finanzierung von Gerichts- und Anwaltskosten sowie Öffentlichkeitsarbeit für eine erneute Untersuchung seines Falls zu engagieren.

Obwohl Irons zum Zeitpunkt der Tat noch ein Jugendlicher war, wurde er aufgrund von Vorstrafen als Erwachsener behandelt. Aufgewachsen ohne Eltern und in armen Verhältnissen war Irons, ein Afroamerikaner, bereits früh mit Bandenkriminalität in Berührung gekommen. Doch er bestand stets darauf, dass er den Einbruch und den Angriff mit einer tödlichen Waffe, für den er verurteilt wurde, nicht begangen hatte.

50 Jahre Haft für ein unprotokolliertes Verhör

In den Verdacht war Irons damals überhaupt erst geraten, weil er am Tag der Tat in der Nähe des Tatorts mit einer Waffe gesehen worden sein soll, woraufhin er verhaftet und befragt wurde. Dabei soll er einem Kriminalbeamten zufolge gestanden haben, in das Haus eingedrungen zu sein, sich aber wegen Trunkenheit an sonst nichts mehr erinnern zu können. Irons und seine Anwälte bestritten dieses Geständnis.

Der Beamte hatte das Verhör allein durchgeführt, ohne Rechtsbeistand oder Anwesenheit eines Erwachsenen. Er hatte versäumt, das Gespräch aufzuzeichnen. Beim Prozess konnte er nicht befragt werden, weil er krank war. Auch beim Revisionsprozess konnte er nicht aussagen, weil er mittlerweile gestorben war.

Eine Jury, die ausschließlich aus Weißen bestand, verurteilte Irons dennoch zu 50 Jahren Gefängnis. Die einzige Grundlage dafür war das unprotokollierte, angebliche Geständnis - es gab keine Tatwaffe, keine DNA-Spuren von Irons, keine weiteren belastenden Zeugenaussagen als diejenige, die zu seiner Festnahme geführt hatte.

In der Revision kam nun heraus, dass bei dem Prozess damals entlastendes Beweismaterial offenbar bewusst zurückgehalten wurde: Fingerabdrücke an der Hintertür des Tatorts etwa, die nicht zu Irons gehörten. Dieses Material hätte die Staatsanwaltschaft eigentlich der Verteidigung zukommen lassen müssen. Auf Grundlage dieser Erkenntnis hob der Richter nun im März den ursprünglichen Urteilsspruch auf.

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Ob und wann Irons tatsächlich wieder freigelassen wird, hängt davon ab, ob die Staatsanwaltschaft in Berufung gehen wird.

Was gilt als Erfolg in der US-Justiz?

Irons' Fall bildet laut Maya Moore eine größere Problematik im Justizsystem der USA ab. "Es geht um mehr als nur um Jonathan", sagte sie im Oktober 2019 in der CNN-Sendung "Amanpour and Company".

Moore zufolge sind Staatsanwaltschaften oft eher darauf aus, Prozesse mit erfolgreichen Verurteilungen abzuschließen, anstatt tatsächlich Gerechtigkeit herzustellen. Dieser Doktrin fielen demnach viele Menschen zum Opfer, "besonders Menschen mit schwarzen und braunen Körpern", sagte die 30-Jährige. "Das ist verwurzelt in einem hässlichen Teil unserer Vergangenheit."

Im Sommer 2016, als eine Welle von Polizeibrutalität gegen Schwarze die USA erschütterte, zeigte sich Moore bereits solidarisch mit der "Black Lives Matter"-Bewegung. Kurz darauf gründete sie selbst eine Initiative, mit der sie auf die Rolle von Staatsanwaltschaften hinweisen wollte. Mit "Win with Justice" will sie seither neu definieren, was in der US-Justiz als Sieg gewertet wird.

Anfang des Jahres kündigte Maya Moore an, auch für die Saison 2020 sowie die ursprünglich für diesen Sommer terminierten Olympischen Spiele in Tokio auszusetzen. Ob das schon ihr Karriereende bedeute, wisse sie noch nicht. Ihre Arbeit sei jedenfalls noch nicht getan. Derzeit gebe es wichtigere Dinge.

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Author: Nathanial Hackett

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